Alt aber neu: Der erste Akt des Besuchs bei den Guna Yala

So nah war ich meiner Vorstellung vom Paradies noch nie gekommen. Tropische Inseln in der Karibik, ein Archipel mit über 360 Inseln aller Größen und Formen, nur 50 davon bewohnt. Der San-Blas-Archipel ist eine Perle für sich. Kokosnusspalmen, Sonne, Strand. Panama ist so viel mehr als nur Kanal und Banken.

Doch 300 Meter vor der ersten größeren bewohnten Insel, an der wir anlegen sollten, zeigte das Kunstwerk erste Risse. Sie war von Wachtürmen umgeben. Ein Gefängnis? Piratenüberfälle? Rivalität unter den Inselbewohnern? Weitere 150 m später wurden all diese Annahmen verneint. Aus den imposanten Wehranlagen wurden einfache Plumpsklos, zwischen denen Kinder im Wasser spielten. Das war die Insel, die sich am weitesten an das Ideal der westlichen Zivilisation annäherte. Eine kleine Bankfiliale, eine kleine Uni, eine kleine Landepiste, Internet, eine Brücke der Freundschaft zur Nachbarinsel, Müll und verschmutztes Wasser – alles da…

Zum Glück sollten wir hier nur umsteigen. Das „wir“ umfasste in diesem Fall die ca. 50jährige Beira und eine Freundin von ihr. Ich hatte sie auf der Fahrt zum Bootsanleger kennengelernt. Der Fahrer des Taxis, das sonst nur mit Einheimischen gefüllt war, hatte mich in wenigen Gesprächszeilen unter ihre Obhut gegeben:

Fahrer zu mir: Wo fährst Du hin?

Ich: Auf die Isla Tigre.

Fahrer: Weisst Du wie Du da hinkommst? Hast Du schon eine Unterkunft?

Ich: Nein und Nein. Ich wollte mich darum vor Ort kümmern.

Fahrer zu Beira: Sie kommen doch von der Isla Tigre? Nehmen Sie ihn doch mit!

Bevor sie wusste, wie ihr geschah, sah sie sich gezwungen mich einzuladen. Ich versuchte höflich, sie aus der Pflicht zu nehmen, aber dafür war es zu spät. Durch puren Zufall hatte ich plötzlich meine eigene Reiseleiterin – dazu noch die Tochter eines hiesigen Gemeindevorstehers.

Ein paar Stunden später setzte ich meinen Fuß zum ersten Mal auf die Isla Tigre. Als Dankeschön lud ich meine beiden Begleiterinnen zum Essen im einzigen Restaurant der Insel ein. Ich bestellte Fisch. Ich bekam Leber. Als Entschädigung. Die einzige Speise die ich von Herzen hasse. Die Eilandgaststätte hatte keinen Fisch vorrätig. Der Tausch erfolgte ohne die Kunden unnötig mit Infos zu belasten. Ich biss beherzt und lächelnd hinein. Der erste Eindruck zählt, also zwang ich mich, mit einem gefrorenem Lächeln im Gesicht und „Freudentränen“ in den Augen, alles aufzuessen. Ich hoffe, dass der/ die ErfinderIn von Ketchup eines Tages heiliggesprochen wird.

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