Alt aber neu: Es lebe der Fortschritt durch Entschleunigung – Der vorletzte Akt meines Besuchs bei den Guna Yala

Alkohol, Musik, Tanz, unbekannte Substanzen und exklusiver Zutritt – klingt nach einer (Möchtegern-) Hipsterparty, war es aber nicht.

Bei der Innamutikit-Zeremonie der Guna Yala wird die erste Regel eines Mädchens gefeiert. Alle sind zur Teilnahme eingeladen – vorausgesetzt sie sind volljährig und Bewohner des Dorfes. Ich erfüllte die Voraussetzungen nur zu 50%. Zum Glück konnten wir mir der Familie der Mädchen einen Deal machen (ok, bis hierhin klingt’s böse, aber einfach weiterlesen): Ich darf teilnehmen und Fotos machen, im Austausch lasse ich Bilder auf dem Laptop des Dorflehrers da.

Die zwei Mädchen, zu deren Ehren die Zeremonie stattfand, wirkten verunsichert. Kein Wunder, denn sie wussten nicht, wie die Feier ablaufen wird, sie standen plötzlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und zudem können sie theoretisch nach der Innamutikit- und der ein paar Monate später folgenden Innanuga-Zeremonie von den Familien verheiratet werden. Theoretisch, denn in der Praxis wird inzwischen noch ein paar Jahre damit gewartet.

Die Mädchen wurden mit traditionellen Kleidern geschmückt, die von vielen erwachsenen Guna-Yala-Frauen auch im Alltag getragen werden. Die sichtbaren Hautflächen wurden mit aus dem Jenipapo-Baum gewonnener  Naturfarbe (der lateinamerikanischen Henna) bemalt. Die Farbe verblasst nach einer Woche und dient oft als Gesichtsschmuck.

Mit all diesen Informationen könnte man zum Schluss kommen, dass die Gesellschaft der Guna-Yala stark patriarchisch geprägt ist. Dabei haben die Frauen eine starke Position innerhalb der Kultur und begegnen auch den Besuchern sehr selbstbewusst.

Das Getränk der Wahl ist Chicha Fuerte, das aus fermentiertem Mais hergestellt wird. Früher wurde die Spuke alter Frauen benutzt, um den Prozess zu beschleunigen. Heutzutage wartet man einfach acht Tage ab – es lebe der Fortschritt durch Entschleunigung!

Als Zugeständnis an die Jugend wurden die traditionellen Tänze und Gesänge immer wieder durch Salsa und Cumbia aus einem CD-Radio unterbrochen.

Die Männer saßen in kleinen, farblich abgestimmten Gruppen und schienen immer wieder eine Art Dance Battle auszutragen. Die Frauen saßen von den Männern getrennt und erst relativ spät fingen auch sie mit dem Tanzen an. Die zwei Mädchen standen mit ihren Müttern und luden die tanzenden und rauchenden (keine Ahnung was) Teilnehmer zum Chicha Fuerte ein. Die jüngeren Dorfbewohner saßen näher am Eingang und folgten weitestgehend dem weltweiten Vorbild – Musik hören und neue persönliche Trinkrekorde aufstellen…

Etwas beunruhigend war es, den jungen Bootsführer, der uns um fünf Uhr morgens Richtung Küste bringen sollte, noch um ein Uhr stark schwankend anzutreffen. Das sollte nicht ganz ohne Folgen bleiben…

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