Der Einbruch (20.09.2008)

Sonntage – Sonntage verlaufen allzu oft gleich. In meinem Fall ist das Muster fest etabliert, fast schon wie ein Brandzeichen, das in den Tagesablauf hineingebrannt wurde. So alt, dass die Narbe kam wahrnehmbar ist und dennoch jedes Mal den gleichen Verlauf hat, wenn man mit den Fingern drüber fährt. Zu aller erst – ein Sonntag fängt spät an. Zwischen 10 und 12 Uhr schäle ich mich aus dem Bett, widerstehe nur mühsam der Schwerkraft und schleppe mich ins Bad. Danach, inzwischen etwas leichteren Fußes, aber weit davon entfernt, fröhlich mit dem morgendlichen Autoalarmkonzert mitzutrellern, gehe ich zurück ins Schlafzimmer. Das Schöne am Sonntag ist, dass man nicht weiter überlegen muss, was man anziehen wird. Die Anzüge bleiben bis zum nächsten Tag im Schrank, die Partyklamotten liegen in der Ecke mit der Schmutzwäsche und sondern den allzu typischen Mischgeruch aus Zigarettenqualm und Alkohol ab. Zum Glück sind meine Sinne weiterhin vom Vortag getrübt. Also schnappe ich mir irgendwelche Jeans und ein T-Shirt, wobei die farbliche Abstimmung zu den intellektuellen Höchstleistungen meines Gehirns gehört und bei weitem nicht immer erfolgreich ist. Dann folge ich einem unsichtbaren, aber festgestampften Pfad in die Küche. Der Trick schlechthin besteht darin, jeglichen visuellen Kontakt mit den Spiegeln in der Wohnung zu vermeiden. So kann man noch ein Weilchen auf der positiven Welle der gestrigen Betäubung reiten und die unterlaufenen Augen ignorieren, zumindest bis man den ersten Happen aus dem Frühstücksbrot (nächstes Mal, nächstes Mal hole ich mir bestimmt frische Brötchen) herausreißt und merkt, dass man am Vortag vielleicht doch etwas zu viel getrunken hat.

Der nächste Schritt ist eine Entscheidung: Rausgehen oder zu Hause bleiben. Gegen das Rausgehen sprechen einige überzeugende Gründe – die grelle Sonne, der Lärm einer betriebsamen Stadt, die fröhlichen Gesichter der Langweiler, die ausschlafen konnten. Andererseits kann man dann zumindest seine Familie anrufen, die nicht mehr ganz so frischen Brötchen kaufen, sich mit Freunden auf einen Coca-Tee treffen. An diesem Sonntag entscheide ich mich schließlich gegen halb drei, mich dem Abenteuer der Außenwelt auszusetzen. Um zehn nach drei erkläre ich die entbehrungsreiche Expedition für (erfolgreich) beendet. Fünf Minuten später erreiche ich das massive Eingangstor des Hauses. Meine Vermieterin vertraut auf einen weit über 2 Meter hohen Zaun, um das grüne Einfamilienhaus vor ungebetenen Gästen zu schützen.

Dass dies eine Illusion war, bewies ich bereits 2 Monate früher um 2 Uhr nachts mit einem Alkoholpegel, der das Geraudeauslaufen nahezu unmöglich machte. Zumindest dachte ich bei der Gelegenheit noch daran, vorher beim ca. 60 Meter entfernten Polizeipräsidium vorbeizuschauen und den wachhabenden Polizisten mitzuteilen, „dasch isch gleisch übellln Zaun kletteln welde, da isch meinen Schlüssel vergeschen abe“, also möge er bitte so freundlich sein und mir bei dem Versuch keine Ladung Schrott mit seinem Gewehr in den Hintern jagen. Gesagt getan, hing ich ca. 30 Sekunden später an dem Zaun und strahlte dabei die Eleganz einer überreifen Pflaume aus. Mein Hintern stellte dabei eindeutig den Schwerpunkt meines Körpers da. Für den zweiten Versuch entschied mich für das methodische Vorgehen. Dem Motto „was würde ich jetzt tun, wenn ich nüchtern wäre“ folgend plante ich erfolgreich das Bezwingen des Gartentors. Die Besteigung des 6000er verblasste neben diesem Glanzstück. Zumindest bis zum Moment, an dem ich mich auf der Spitze des Zauns wiederfand. Jetzt bemerkte ich, dass meinem Plan ein einfacher, aber dennoch essenzieller Bestandteil fehlte – das Absteigen. Die Schwerkraft sprang freundlicherweise ein und ich folgte dem Weg, dem jede überreife Pflaume irgendwann gehen muss. Meine unsanfte Landung weckte den Hund der Besitzerin, der Hund weckte die Besitzerin, die Besitzerin weckte die halbe Gasse, als sie mir aus ihrem Schlafzimmer im ersten Stock des Hauses zurief, wieso ich den nicht geklingelt hätte. KLINGELN – das also hätte ich getan wenn ich nüchtern gewesen wäre. Andererseits…neee, wem mache ich denn was vor.

15.16 Uhr. Ich laufe in meine Souterrain-Wohnung und wundere mich, dass der Hund der Vermieterin dabei die ganze Zeit bellt. Eigentlich mag ich keine kleinen Hunde, aber dieser hier ist überaus intelligent. Und er bellt nie wenn jemand ins Haus geht, der seinem Wissen zu Folge auch da rein gehört. An einem normalen Wochentag hätte mein Gehirn wahrscheinlich mehrere Szenarien durchgespielt und dabei das Wahrscheinlichste ausgewählt. An einem Sonntag bin ich froh, dass meine Gedanken zumindest eine der möglichen Situationen erfassen – die Vermieterin ist ohnmächtig geworden und der schlaue Hund ruft bzw. bellt um Hilfe. Ja, das muss es sein. Ich lege meine Sachen in meiner Wohnung ab und gehe nach oben. Der Hund bellt. Die Sonne scheint. Mein Schädel pocht.

 An der Eingangstür des Einfamilienhauses angekommen bemerke ich, dass sich jemand an dem Schloss zu schaffen gemacht hat. Es ist keine neuerliche Höchstleistung meines Verstands, das gesplitterte Holz ist nicht zu übersehen. „Nachts muss jemand eingebrochen sein“, denke ich mir und öffne die Tür. Wie immer gebe ich ein langgezogenes „Haaaallllooooooooo“ von mir, doch diesmal kommt keine Antwort. Seltsam, aus den Zimmern oben kommen doch Geräusche. Ich steige die Treppe rauf, auf der ersten Stufe denke ich mir „cool, gleich kommen die Simpsons mit dem dämlichen Homer“. Auf der zweiten überkommen mich Zweifel, es könnte doch eher „Futurama“-Zeit sein. In diese tiefgründigen Überlegungen vertieft erreiche ich die halbe Höhe der Treppe. Nun kann ich in eins der Zimmer hineinsehen – doch statt einer kleinen, immer elegant gekleideten Frau sehe ich einen Herrn Anfang Vierzig, der einen nicht uneleganten schwarzen Anzug und dazu ein weißes Hemd trägt. Und mich nicht beachtet. Komisch, Polizisten (aus  dem Schlafzimmer der Vermieterin konnte man ebenfalls Lärm vernehmen), die wegen dem Einbruch in der Nacht Spuren sichern? Aber wieso wühlt er denn in der Kommode? Langsam, mühsam aber beständig bahnt sich ein Gedanke seinen Weg durch meine Gehirnwindungen – EINBRECHER. Nun fügen sich die Puzzleteile – der bellende Hund im Hinterhof, die Spuren an der Tür, der wühlende Mann. Leider verbrauche ich bei diesen schlauen Überlegungen vorerst meinen Vorrat an Vernunft – und renne in meine Wohnung. Waffe, was zum Teufel kann man als Waffe benutzen. Ich renne an der Küche vorbei, wo gerade die Messer und der Fleischhammer trocknen und laufe ins Schlafzimmer. Ich schaue mir meinen Wanderstock an, die Metallspitze ist gut zum Zustechen, sonst fehlt aber die Masse beim Zuschlagen. Als nächstes fällt mein Blick auf mein Trainings-Katana (japanisches Schwert) vom Aikido (japanische Kampfsportart zur Selbstverteidigung) – ja, es hat Masse und ich weiß, wie man damit umgehen muss. Das Detail, dass es komplett aus Holz ist, geht dabei im Eifer des Gefechts unter. Ich renne bewaffnet und entschlossen wieder nach oben – und bleibe vor der Tür abrupt stehen. Die Vernunft klopft wieder an, zuerst etwas schüchtern, dann immer selbstsicherer. Innendrin werde ich weder auf den Treppen noch im engen Gang im ersten Stock Platz zum ausholen haben – Mist, hätte ich bloß den Wanderstock mit der Metallspitze zum Zustechen genommen. Doch nun fängt das Adrenalin an zu wirken, meine Gedanken fliegen. Natürlich, das Polizeipräsidium. Die Freunde und Helfer, im Alltag vielleicht etwas korrupt, da ziemlich unterbezahlt, und auch nicht so top ausgebildet. Aber im Polizeipräsidium muss doch die Creme de la Creme vereint sein. Ich laufe los, schließe das Gartentor zu, damit es die Einbrecher bei ihrer Flucht nicht allzu leicht haben und renne die Gasse hoch und biege in die Straße ein. Beim Haupteingang angekommen sehe ich den wachhabenden Polizisten in seinem Stuhl. Er sieht mich. Offensichtlich aber ist an dem Anblick eines aufgekratzten Gringo mit einem Holzschwert in der Hand, der auf das Polizeipräsidium zu rennt, nichts so Ungewöhnliches, als dass es irgendeine Aktion seinerseits erfordern würde. Es ist Sonntag, es ist 15 Uhr, es ist heiß. Ein paar Sekunden lang schauen wir uns wie zwei Teletubbies an – der eine mit einer Überdosis Ecstasy, der andere mit einer Wochenladung Valium im Blut. „Einbrecher“, presse ich hervor, „sind gerade in meiner Wohnung. Mindestens zwei. Schnell, wir können sie noch schnappen“. Er schaut hoch, sein Gehirn scheint sich auf das Tempo von meinem eingespielt zu haben. Dann fällt ihm plötzlich die Lösung schlechthin ein, etwas, was weltweit sämtliche Bürokratien auszeichnet. „Ich muss meinen Vorgesetzten fragen“, wirft er noch über die Schulter und schlendert ins Gebäude. Die Dunkelheit der Eingangshalle verschluckt ihn, gibt ihn auch nach zwei Minuten nicht wieder her. Ich laufe zwischen dem Eingang und meiner Gasse hin und her, schließlich entscheide ich mich dazu, auch ins Gebäude zu gehen. Und wenn ich die Genies an ihren Krägen hinausschleppen muss. Innendrin gewöhnen sich meine Augen nur langsam an das Halbdunkel, es ist Sonntag, auch bei der Polizei. Doch dann sehe ich den Polizisten, er spricht tatsächlich mit seinem Vorgesetzten, die Mühle der Bürokratie beginnt sich zu drehen. Der Vorgesetzte macht ein entschlossenes Gesicht, er ist nun zu allem bereit. Auch zum höchsten Opfer. „Wir müssen den wachhabenden Offizier wecken“, der Satz schallt durchs Gebäude und verliert sich dann in den Gängen. Der Beamte verschwindet in einem Nebenzimmer und kommt einen Augenblick später mit einem Polizisten Anfang 30 zurück. Dieser rückt gerade seine Mütze zu recht. Nun kommt endlich Schwung in die Sache. Derr Offizier informiert sich kurz, dann laufen wir mit ihm und einem weiteren Beamten zu meiner Wohnung. Oder besser gesagt spazieren, man(n) will ja nicht übereifrig sein.

Am Tor angekommen, ziehen beide ihre Waffen. Entsichern. Ich schließe das Tor auf und laufe mit dem Offizier in den Vorgarten, der andere Polizist bleibt vor dem Haus stehen. Wir laufen die Treppe zum Eingang hoch, irgendwann komme ich auf die Idee, das Holzschwert wegzulegen. „Ich gehe vor“, sagt der Polizist zu mir. „Irgendwie besser so“, denke ich mir und nicke. Er öffnet die Tür, geht ins Haus, die Waffe die ganze Zeit in den ausgestreckten Händen. Pistole voraus, Offizier dahinter, 30 cm weiter ein Kopf, der dem Polizisten über die Schulter ragt. Ich will ja nix verpassen.  Meine Vernunft sieht ihre Arbeit für heute als getan an, verschwindet wieder in der hintersten Ecke meines Gehirns, trifft sich dort mit dem Selbsterhaltungstrieb zum Tee.

Unten ist es sauber, der Polizist dreht sich zur Treppe. „Wir gehen nach oben“, flüstert er, ich nicke verschwörerisch. Der Hund bellt im Hinterhof, das Haus ist totenstill. Wir gehen die Treppe rauf, die Waffe schussbereit. Absatz für Absatz, bis wir in das erste Zimmer hineinsehen können. Plötzlich spüre ich mein Herz direkt unterm Adamsapfel, es pocht wie wild. Auf dem Bett im Zimmer liegt eine dicke Decke, zwei nackte Beine ragen hinaus. Regungslos. Der Polizist geht hinein, zielt mit der Pistole in der einen Hand auf die Bettdecke, während er langsam den Blick darunter freigibt. Ich mache mich aufs Schlimmste gefasst, zumindest mache ich mir die Illusion, es zu sein, doch plötzlich bewegt sich der Körper. Der Polizist dreht die junge Frau um, entfernt ihre den Knebel aus dem Mund, sie ist an Händen und Füssen gefesselt. Sie schaut uns mit großen Augen an, steht unter Schock. Ich erkenne sie, es ist die Japanerin, die direkt im Haus zur Untermiete wohnt. „Ruhig, ich bin von der Polizei“, sagt der Beamte. Ihr Blick wandert zwischen ihm und mir hin und her. „Sind Sie wirklich von der Polizei?“, fragt sie, ich nicke und versuche, sie zu beruhigen. Der Polizist entfernt den Rest der Fesseln und weist sie an, im Zimmer zu bleiben. Wir gehen zu zweit weiter, doch weder im Schlafzimmer der Vermieterin, wo sich die Beute der Diebe abholbereit stapelt, noch im Stockwerk darüber ist jemand. Der Polizist steckt seine Waffe ein, mein Herz rutscht wieder an die anatomisch angebrachteste Stelle. Die Jungs wussten die ganze Zeit was sie tun – nur nicht zu schnell sein, es ist ja Sonntag, man will sich ja keine zusätzliche Schreibtischarbeit zumuten, geschweige denn in Probleme geraten.

Wir gehen zur Japanerin, nehmen sie mit nach unten ins Wohnzimmer. Ich lasse den Hund ins Haus, später werde ich ihn für den höchsten Hundeorden – ein riesiges Stück Fleisch- vorschlagen. Nun gilt es das arme Mädel zu beruhigen, nebenbei rufe ich die Familie der Vermieterin an, ihr Sohn ist ein Arbeitskollege von mir; die Japanerin ruft ihre Vorgesetzten an, sie ist Praktikantin bei der japanischen Entwicklungszusammenarbeit; der Polizist ruft die bolivianische Spurensicherung an, er ist Beamter bei der bolivianischen Polizei. Zuerst tauchen die Verwandten auf, allen voran der Bruder der Vermieterin, der zufällig in der Nähe war. Bald bekommt er Verstärkung vom Sohn der Frau, der Tochter, dem Mann der Tochter und einem Freund des Mannes der Tochter. Zwischendurch kommen auch die ersten Japaner an: Der Direktor, sein Stellvertreter, ein Kollege, ein Botschaftsvertreter, eine Psychologin, eine Ärztin und noch ein paar andere Japaner mit Einkaufstüten (ob die wohl überhaupt dazugehören), der bolivianische Sicherheitsberater der Japaner lässt sich entschuldigen, er werde sich etwas verspäten . Ich überlege kurz, ob sie telepathisch verbunden sind oder ob ihre Kommunikationskette für Notfälle wirklich so gut funktioniert.

Wen soll ich denn im Notfall anrufen  – irgendwie kann ich mich nicht daran erinnern, jemals einen Blick aufs Notfallblatt geworfen zu haben. Soll nicht heißen, dass es so was nicht geben würde, wahrscheinlich bekam ich es irgendwann in die Hand gedrückt mit dem fetten Hinweis „Unbedingt lesen“ darauf. Ich überlege, ob ich die Botschaft informieren sollte, verwerfe es aber sogleich. Deren Antwort, sofern ich jemanden am Sonntag erreichen würde (die Notfallnummer ist höchstwahrscheinlich gut lesbar auf dem ungelesenen Hinweisblatt aufgedruckt), liefe auf den Satz hinaus: „Nuuu beruhigen sie sich erst mal und trinken eine Tasse Tee, danach sieht die Welt doch schon wieder ganz anders aus“.

Inzwischen könnte man eine beachtliche Party im Haus steigen lassen, nur der Polizist kommt mit gesenktem Blick wieder rein und meint, dass die Spurensicherung frühestens in einer Stunde (sprich zwei) da sein kann. Er bittet noch, nichts anzufassen, doch die Japaner untersuchen schon längst fasziniert die aufgebrochene Tür, die Verwandten machen eine Bestandsaufnahme und rennen dabei einer nach dem anderen durch sämtliche Zimmer, während ich mit den Japanern Verbeugungen austausche und die sie zum Beruhigungstee einlade -den ich allerdings bei mir unten zubereite, wegen der Spuren und Fingerabdrücke und so. Irgendwann kommt der Spurensicherungsexperte der bolivianischen Polizei und ich denke mir, dass er verdammt gut sein muss, wenn er die Fingerabdrücke der Einbrecher von denen des Bruders, des Sohnes, der Tochter, des Schwiegersohnes, des Freundes des Schwiegersohnes (oder war es doch ein Freund des Bruders?!), des japanischen Direktors, seines Stellvertreters, des Arbeitskollegen, des Botschaftsvertreters, der Psychologin, der Ärztin und der Japaner mit den Einkaufstüten unterscheiden will (noch immer kann mir keiner deren genaue Aufgabe erklären). Ganz zu schweigen von dem umher rennenden Hund. Der Spurensicherungsexperte kommt zum Schluss, dass er doch nicht so gut ist und erklärt kleinlaut seine Kapitulation. Der mit ihm angekommene Beamte beginnt seine Befragung und so langsam fügt sich das Bild. Gleichzeitig scheint mein Herz kurzfristig erneut seinen anvertrauten Platz zu verlassen.

Die Diebe kamen zehn nach drei ins Haus, also knapp fünf Minuten vor mir. Sie klingelten, doch die Japanerin dachte, dass es jemand für die Familie sein muss und reagierte nicht. Die Einbrecher wiederum dachten, dass niemand zu Hause sei, da keine Reaktion erfolgte. Der Polizist erklärte uns, das sie deswegen auch die Anzüge trugen – falls jemand an die Tür gekommen wäre, könnten sie ihm noch immer irgendeine Geschichte auftischen und es dann woanders versuchen. Sonntags haben die Angestellten in den meisten Häusern frei, die Besitzer sind oft bei Verwandten oder fahren nachmittags irgendwo hin. Deswegen heißen die Jungs auch „Sonntagseinbrecher“ – und nicht etwa wegen potenziell fehlender beruflicher Qualifizierung.

Auf diesem Missverständnis basierend nahm das Unheil seinen Lauf – die Einbrecher stiegen über den Zaun, stellten sich dabei wahrscheinlich ungemein schlauer an als ich, und brachen die Haustür auf. Die Japanerin, beunruhigt durch die Geräusche, lief hinunter, wo sie die die beiden Männer (und sich selbst auch) überraschte. Diese zogen in ihrer Überraschung ihre Pistolen und fesselten sie. Danach schafften sie die Frau in eines der Schlafzimmer im ersten Stock und deckten sie zu – mit dem Hinweis, sie zu erschießen, falls sie sich bewege. Jetzt muss man sich das mal vorstellen – man liegt endlose Minuten unter einer Decke, sieht nichts und weiß zugleich, dass einer der beiden jederzeit rein kommen kann, da man ihre Gesichter gesehen hat…

Alternativ kann man sich, um die Stimmung am Ende dieser Geschichte etwas zu heben, auch vor die Augen führen, wie ich mein Holzschwert schwingend und „Banzaaaiiii“ schreiend hineinstürme – nur um im nächsten Augenblick kleinlaut in die Läufe von zwei Pistolen zu schauen. Bestenfalls hätte ich geknebelt und gefesselt neben der Japanerin geendet, die wiederum nur die Augen verdreht, den Kopf geschüttelt und sich dabei gedacht hätte: „WAT FÜR´N VOLLIDIOT“.

Nachtrag

Der Hund hat sein Stück Luxusfleisch bekommen. Bis auf eine Goldkette (die allerdings leider ziemlich wertvoll) und zwei kaputte Handys haben die Diebe nichts geklaut. Die Japanerin ist umgezogen.

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